Trekking im Himalaya nach Pangboche zu Füßen der Ama Dablam

Unsere Trekkingreise in die Everest-Region im Oktober 2023 war geplant als neuntägiges Trekking von Lukla (2.800 m) ins Ama Dablam Basecamp (4.600 m). Auf die letzte Etappe zum Basecamp mussten wir leider verzichten, weil ich die Höhe nicht vertragen habe. Trotzdem war es eine Tour voller Highlights. Wir haben Bekanntschaft mit den außergewöhnlichen Menschen im Khumbu gemacht, sind nach tausend YouTube-Videos selbst über die Hillary-Bridge geschwankt, waren sprachlos beim ersten Blick auf den Everest, sind in die prickelnde Atmosphäre von Namche Bazar eingetaucht, haben den heiligen Berg Khumbila bewundert, uns in vorbeitrottende Yaks verliebt und als Krönung das auf 3.900 Metern liegende Kloster Tengboche besucht.

Das Trekking haben wir als Sondergruppenreise über den Summit Club gebucht. Wer sich für so etwas interessiert, sollte sich mit seinen Wünschen mit genügend Vorlauf an den Summit Club wenden. Im Nepalprogramm des aktuellen Katalogs gibt es eine ähnliche Trekkingreise mit dem Basecamp der Ama Dablam als einem Höhepunkt der Tour.

Unsere Reisegruppe bestand aus meinem Mann Thomas, mir und Santosh, unserem Freund und Bergwanderführer, mit dem wir schon unser erstes Himalaya-Trekking in das Annapurna-Vorgebirge gemacht hatten.

Kathmandu - Lukla

Akshit Resort in Mulkot: Prost auf einen gelungenen Trekkingauftakt

Wir haben morgen einen der ersten Flüge von Ramechap nach Lukla, sagt Santosh. Das bedeutet Abfahrt von Mulkot um 4.45 Uhr. Mulkot ist ein kleiner Ort am Fluss Sun Koshi und liegt etwa 100 Autokilometer südöstlich von Kathmandu. Am Nachmittag sind wir im Akshit Resort angekommen und stoßen im Garten auf die Trekkingtour an, die morgen in Lukla beginnt. Mulkot ist knapp 50 Kilometer vom Flughafen Ramechap entfernt und ein Durchgangsort für Trekker und Bergsteiger, die nach Lukla und weiter in die Everest-Region wollen. Seit es täglich nur noch einen Flug von Kathmandu nach Lukla gibt, führt für die meisten Trekkingreisenden an Mulkot und Ramechap kein Weg vorbei.

Als wir am nächsten Morgen in unsere Wanderkleidung schlüpfen und unsere Taschen packen, ist es noch dunkel. Vor der Abfahrt haben wir noch Zeit für einen schnellen, aber schön heißen Kaffee, und bekommen ein Lunchpaket in die Hand gedrückt.

Nach einer Stunde Autofahrt über verlassene Landstraßen erreichen wir gegen 6 Uhr den kleinen Flughafen in Ramechap. Ein sonniger Tag bricht an. Trekker und Bergsteiger wuseln herum. Wir stapeln unsere Taschen vor den Abflugschaltern. Gerade sind wir noch dabei, unsere warmen Sachen aus dem Rucksack zu kramen und anzuziehen, damit das Gewicht unseres Gepäcks unter dem Limit bleibt, da bekommen wir schon unsere Boardingkarten in die Hand gedrückt.

Tipp: Das Gewichtslimit für das Gepäck auf dem Flug nach Lukla liegt bei 10 Kilo für die Reisetasche + 5 Kilo für das Handgepäck, also den Rucksack. Wenn man ein Hotel als Homebase in Kathmandu hat, lohnt es sich, eine Kofferwaage mitzunehmen und überschüssige Gepäckpfunde im Hotel zu deponieren.

Gepäckkontrolle und Sicherheitscheck dauern nur ein paar Minuten. Im offenen Wartebereich des Flughafens haben wir freien Blick auf das Rollfeld von Ramechap. Die kleinen Propellermaschinen starten und landen im Viertelstundentakt wie am Fließband. Santosh winkt, wir sind dran. So oft habe ich mir vorgestellt, wie es wohl ist, in ein solches Flugzeug zu steigen und in nicht einmal einer halben Stunde von 500 Metern Meereshöhe auf 2.800 Meter geflogen zu werden. Das beklemmende Gefühl, mit so vielen Menschen und Gepäckstücken auf engsten Raum eingepfercht zu sein, verflüchtigt sich, als wir auf die Startbahn rollen. Die Piloten geben vollen Schub auf die Propeller, die Maschine rumpelt über die Asphaltbahn und hebt mit ohrenbetäubendem Dröhnen ab.

Auf dem kurzen Flug gibt es tatsächlich eine Flugbegleiterin. Sie schlängelt sich während des Flugs durch die Reihen und bietet den Passagieren Watte für die Ohren und Bonbons an.

Einige Zeit fliegen wir über bewaldete Berge. Der Himmel ist fast wolkenlos. Dann tauchen am Horizont die ersten mit Eis bedeckten Gipfel auf. Ich weiß nicht, wie sie heißen, der Everest soll auch dabei sein. Dort liegt jedenfalls das Ziel unserer Reise. Der Anblick ist überwältigend.

Schon beginnt der Sinkflug. Die Gesichter der Mitpassagiere sind erwartungsvoll bis angespannt. Lukla gilt als einer der gefährlichsten Flughäfen der Welt. Die Landebahn ist nur 530 Meter lang und wird von einer Felswand begrenzt. Durchstarten ist keine Option. Mein Eindruck ist, dass der Flug bei schönem Wetter, wie wir es hatten, nicht besonders gefährlich ist. Die Piloten sind speziell geschult und verstehen ihr Handwerk. Anders als ich erwartet hatte, habe ich keine Angst. Wir setzen präzise auf der Landebahn in Lukla auf und rollen auf die Parkposition vor dem Flughafen, ohne der Felswand zu nahe zu kommen.

Tenzing-Hillary-Airport Lukla

Der Tenzing-Hillary Airport in Lukla wurde in den 1960er-Jahren auf Initiative von Edmund Hillary für nicht einmal 3.000 Dollar gebaut. Gestartet und gelandet wurde auf einer Schotterpiste. Trotzdem war der Flughafen ein logistischer Volltreffer für das Expeditionsbergsteigen, denn die ersten Expeditionen ins Everest-Gebiet, auch die britische von Edmund Hillary und Tenzing Norgay 1953, starteten noch zu Fuß von Kathmandu. Es gab keine Straße Richtung Everest-Gebiet. Mit Hunderten von Trägern und Tonnen von Gepäck dauerte der 300 Kilometer lange Marsch ins Everest Basislager zwei Monate. Heute fliegt man bequem nach Lukla und kann das Basecamp zu Fuß in einer guten Woche erreichen.

Frühstück im Garten der Summit Lodge in Lukla

Nur wenige Schritte vom Flughafen entfernt werden wir im Garten der Everest Summit Lodge Lukla mit Tee und Kaffee empfangen. Zum Frühstück gibt es Sandwich, Eier und Obst aus unseren Lunchpakten. Es ist fast sommerlich warm. Blumen in kräftigem Gelb und Orange umrahmen unser Frühstück. Es ist fast sommerlich warm. Optimale Bedingungen.

Wir lernen unseren Träger Rinji kennen, der uns mit strahlendem Lächeln begrüßt. Rinji ist 23 alt und stammt aus einem Dorf unterhalb von Lukla. Er ist mittelgroß und feingliedrig. Ich kann kaum glauben, dass er alle drei Reisetaschen tragen wird. Mein schlechtes Gewissen wird etwas erleichtert, als mich Santosh später aufklärt, dass Rinji meistens nicht für Touristen, sondern als Lastenträger auf der Strecke zwischen Lukla und den höher gelegenen Orten arbeitet und dabei meist noch mehr Gewicht auf dem Rücken hat.

1. Tag: Lukla - Monjo

13 km / 400 Hm / 400 Tm / 4,5 h

Nach dem Frühstück startet unser Trekking. Das Tagesziel ist Monjo, knapp 13 Kilometer weiter nördlich. Wir kommen noch einmal am Flughafen vorbei, wo gerade eine Maschine startet. Neben dem Flughafengelände glänzt in der Morgensonne eine überlebensgroße Skulptur von Tenzing Norgay und Edmund Hillary, anlässlich des 70-jährigen Jubiläums ihrer Everest-Erstbesteigung frisch mit Gold überzogen. Über der Einkaufsmeile von Lukla flattern Gebetsfahnen, der Ort wirkt aber noch etwas verschlafen.

Imposantes Denkmal zu Ehren von Edmund Hillary und Tenzing Norgay. 2023 jährt sich ihre Erstbesteigung des Everest zum 70. Mal.

Wenig später erreichen wir das Pasang Lhamu Gate und betreten damit das weitläufige Gemeindegebiet der Khumbu Pasanglhamu Rural Municipality, zu der auf unserem Weg auch die Orte Namche und Khumjung gehören.

Pasang Lhamu Sherpa war die erste nepalesische Bergsteigerin auf dem Gipfel des Everest. Nach mehreren Versuchen und einem fast Gipfelerfolg erreichte sie im April 1993 schließlich den Gipfel des Everest. Beim Abstieg kam sie in einem Unwetter ums Leben. Pasang Lhamu ist in ganz Nepal bekannt und wird als Volksheldin verehrt. Das Pasang Lhamu Gate ist der erste Checkpoint auf unserem Trek und das Tor zur Khumburegion. Hier erhalten wir unsere Trek Card.

Schon nach wenigen Kilometern macht sich bei mir die Höhendiurese bemerkbar. Gefühlt muss ich alle halbe Stunde auf die Toilette. Später wird es besser, man gewöhnt sich daran. Die zahlreichen Toiletten an strategisch günstigen Punkten auf dem Weg zeigen, dass es vielen Touristen so geht. Für Toilettenpapier muss man selbst sorgen. Es wird nicht in die Kloschüssel geworfen, sondern in den Eimer oder Korb daneben entsorgt, das gilt auch für die Toiletten in den Lodges und Teehäusern. Gespült wird mit einer kleinen, kräftigen Handbrause, die an einem Wasserschlauch befestigt ist, oder mit einem Schöpfbecher aus einem Wassereimer.

An Mani-Steinen immer links vorbei

Bei Cheplung, knapp 3 Kilometer hinter Lukla, überqueren wir die erste Hängebrücke, die über die Schlucht des Thado Koshi Khola gespannt ist. Sie ist ziemlich wackelig, aber wir haben Glück, es gibt keinen Gegenverkehr, das Schwanken hält sich in Grenzen. Wenig später treffen wir in Chuthawa auf die ersten, mit heiligen Texten beschrifteten Manisteine. Ein Exemplar beeindruckt durch seine Größe besonders. Bestimmt machen alle Trekkingtouristen, die hier vorbeikommen, ein Foto von dem Stein. Wir natürlich auch. Wie es sich gehört, gehen wir links an dem Manistein vorbei.

Nach weiteren 4 Kilometern kommen wir durch Phakding auf 2.600 Metern Höhe. Der Ort ist häufig das Ziel der ersten Trekkingetappe, wir wollen jedoch noch weiter bis Monjo. Am Ortsausgang kommen wir am Himalayan Sherpa Hospital vorbei, das nach dem verheerenden Erdbeben 2015 gebaut und 2022 eröffnet wurde. Weil es bis 2015 keine medizinische Versorgung vor Ort gab, hatte das Erdbeben diese Region besonders hart getroffen. Das neue Krankenhaus bietet eine medizinische Grundversorgung. Einheimische bezahlen 100 Rupien für die Behandlung, Touristen etwa 70 Dollar.

In Bengkar machen wir in einem Teehaus Pause. In ausgedienten Farbeimern blühen rings um die Terrasse leuchtend gelbe Tagetes. Wir genießen unsere erste Tasse Masalatee und beobachten das Gewusel der Trekkingtouristen vor dem Teehaus. Der Weg zwischen Lukla und Everest Base Camp wird auch “Everest Highway” genannt. Es sind wirklich viele Leute unterwegs. An Engstellen kann es auch mal zu Staus kommen, wie wir selbst noch erleben werden. Das ist aber selten der Fall. Auf den 80 Kilometern unseres Trekkings waren die Wege meistens moderat belebt, voll ist es vor allem auf den ersten Etappen. Auf den Nebenwegen ist man oft allein.

Am späten Nachmittag erreichen wir die Everest Summit Lodge in Monjo, wo wir übernachten werden. Die Sonne ist hinter den Berggipfeln verschwunden, und es ist frisch geworden. Nach dem obligatorischen Abbürsten der staubigen Wanderschuhe überlassen wir uns der warmherzigen Gastlichkeit der Lodge-Mitarbeiter. Jeder von uns bekommt ein warmes, feuchtes Tuch in die Hand gedrückt, mit dem wir uns den Staub von Gesicht und Händen wischen können. Im Speisesaal der Lodge verbreitet ein gusseiserner Ofen wohlige Wärme. Wir werden mit Tee, heißer Zitrone und einem Stück Kuchen begrüßt.

Die Everest Summit Lodge in Monjo

Es gibt vier Everest Summit Lodges im Khumbu, von denen wir drei kennenlernen: Lukla, Monjo und Tashinga. Außerdem gibt es noch eine in Mende oberhalb von Namche Bazar. Die Summit Lodges zeichnen sich durch einzigartige Gastfreundlichkeit, traditionelle Architektur, Nachhaltigkeit und sehr gute Küche aus. Es sind Komfort-Lodges, die ihren Gästen den Luxus eines eigenen Bads mit heißer Dusche bieten. Die Betten können mit Heizdecken gewärmt werden, in den Gästezimmern steht immer eine Thermoskanne mit heißem Wasser bereit. Strom wird aus Wasserkraftwerken oder per Solarenergie gewonnen. In allen Lodges gibt es einen zentralen Raum, der zum Frühstück und zum Abendessen mit einem Ofen beheizt wird. Die Gästezimmer sind ungeheizt. Wer leicht friert, sollte sich bei der Reiseplanung bewusst machen, was das bedeutet, vor allem in Höhen über 4.000 Metern, wo es keine Komfort-Lodges gibt.

Tipp: Daunenjacke einpacken, auch auf einer Trekkingtour unter 4.000 Metern. Wenn die Sonne weg ist, wird es kalt. Eine Daunenjacke wiegt fast nichts und hat ein geringes Packmaß. Man kann leicht hineinschlüpfen, und sie wird schnell zur besten Freundin, wenn man nachts mal auf die Toilette muss.

Die Lodge in Monjo liegt im Tal des Dudh Koshi zu Füßen des imposanten Sechstausenders Thamserku. Zur Akklimatisierung kann man von Monjo einen Tagesausflug zum 300 Meter höher gelegenen Weideplatz Thachok Danda machen. Wir werden morgen jedoch direkt weiter nach Namche Bazar wandern und dort einen Akklimatisierungstag einlegen.

2. Tag: Monjo - Namche Bazar

5 km / 650 Hm / 90 Tm / 2,5 h

Die heutige Etappe ist kurz und knackig. Mehrere Highlights stehen auf dem Programm: die Hillary-Bridge, der Everest View Point und unser Tagesziel Namche Bazar. Das Tal des Dudh Koshi liegt noch im Schatten, als wir aufbrechen. Nur der Gipfel des Thamserku wird schon von der Morgensonne beschienen. Dieser Sechstausender ist der dominierende Berg auf der östlichen Seite des unteren Khumbutals. Sein Anblick wird uns auf der gesamten Trekkingtour begleiten.

Wir steigen von unserer etwas höher gelegenen Lodge hinunter zum Fluss, an dem der Hauptweg verläuft, der um diese Zeit aber noch menschenleer ist.

Kurz hinter Monjo passieren wir in Jorsalle das Tor zum Sargamatha National Park. Sargamatha ist der nepalesische Name für den Mount Everest und bedeutet “Himmelsgipfel”. Am Checkpoint bekommen wir die Permits für unser Trekking. Jedes Permit erhält einen “In”-Stempel, der auf dem Rückweg durch einen “Out”-Stempel ergänzt wird. Die Registrierung soll sicherstellen, dass man nicht verlorengeht und auf die Liste der vermissten Personen gesetzt wird.

Hillary-Bridge voraus, unten die alte, darüber die neue Brücke

Das Permit kostet 3.000 Rupien (ca. 20 Euro). Für die Ausstellung braucht man eine Passkopie und ein Passfoto. Seit April 2023 ist Trekking in den meisten Regionen Nepals offiziell nur mit einem bei der Trekking Agencies Association of Nepal (TAAN) lizensierten Guide, also über Agenturen, erlaubt. Als Hauptgrund werden berechtigte Sicherheitsaspekte genannt. Immer wieder gehen Touristen verloren, werden krank oder kommen ums Leben, weil sie die Bedingungen in den Höhenlagen falsch einschätzen. Das Verbot, ohne Guide zu trekken, wurde für die Everest Region jedoch in die dringende Empfehlung abgeschwächt, einen Guide zu engagieren. Das heißt, Trekking auf eigene Faust ist hier weiterhin zumindest nicht verboten, für Normaltouristen ohne Trekkingerfahrung aber nicht zu empfehlen. Abgesehen von der Sicherheit ist ein positiver Aspekt von geführten Trekkingtouren, dass man nichts organisieren muss, weder Flüge noch Permits noch Übernachtungsmöglichkeiten.

Langsam wird es voller auf dem Everest Highway. Zweimal wechseln wir über Hängebrücken die Uferseiten des Dudh Koshi, dann kommt die Hängebrücke in Sicht. 70 Meter hoch hängt die Hillary Bridge über der Mündung des Bhote Koshi in den Dudh Khosi. Seit 2013 ersetzt sie die alte, tiefer gelegene Brücke, die gerade restauriert wird, damit dort Bungee-Jumping angeboten werden kann. Mir drängt sich die Frage auf, wer denn bitte an diesem Ort Bungee-Jumping braucht. Aber ich komme nicht dazu, weiter darüber nachzudenken - denn jetzt ist es so weit. Freie Bahn auf der Hillary Bridge. Hat sich das Hängebrückentraining auf der Highline in Tirol ausgezahlt? Oder wird mir nach ein paar wackeligen Schritten das Herz in die Hose rutschen? Muss ich vielleicht sogar mit verbundenen Augen über die Brücke geführt werden, wie ich es in Videos gesehen habe?

Entwarnung an alle Menschen mit Höhenschwindel. Die Brücke ist nicht ohne, sie hängt wirklich hoch und schwankt, aber wenn man sich an das Gebot hält, immer nach vorne und nie nach unten durch den Gitterrost zu schauen, kommt man gut hinüber. Zumal sich ja auf dem bisherigen Weg schon eine gewisse Hängebrückenroutine auf den zahlreichen, nicht so exponierten Hängebrücken entwickelt hat.

Kurz nach der Hillary-Bridge führt uns Santosh auf einen kleinen Aussichtspunkt oberhalb des Weges, den Everest View Point. Wir sehen zum ersten Mal den Mount Everest mit eigenen Augen. Natürlich machen wir viele Fotos und Selfies, obwohl der Everest noch weit entfernt ist und sich nur als pyramidenförmige Spitze über dem Nuptsegrat zu erkennen gibt.

Der Weg führt in Serpentinen 500 Höhenmeter durch Wald hinauf nach Namche. Man teilt ihn sich mit hinaufsteigenden und herunterkommenden Trekkingtouristen, Trägern, Muli- und Dzo-Karawanen. Dzos (männlich) bzw. Dzomos (weiblich) sind eine Kreuzung aus Yak und Hausrind. Dzos fühlen sich – im Gegensatz zu Yaks – unter 3.000 Metern wohl, sind aber auch in höheren Lagen anzutreffen. Träger und Tiere haben auf allen Wegen und Brücken Vortritt. Man gewöhnt sich schnell daran, die schwer beladenen Träger vorbeizulassen und Tierkarawanen bergseitig auszuweichen. Träger (Porter), die Touristen begleiten, tragen bis zu 30 Kilo Gewicht, Lastenträger bis zu 60 kg und mehr, da sie nach Gewicht bezahlt werden. Wir sind Trägern begegnet, die massive meterlange Querbalken für den Hausbau, Türen oder Matratzen auf dem Rücken getragen haben. Unglaublich, wenn man bedenkt, dass wir Touristen schon mit einem kleinen Tagesrucksack schnell an die Belastungsgrenze kommen. Das Gepäck wird von den Trägern sorgfältig verschnürt und mit einem Stirngurt verbunden, mit dem sie das Gepäck aufnehmen und tragen. Entlang der Wege gibt es in regelmäßigen Abständen Steinbänke, wo Lasten abgestellt und Pause gemacht werden kann.

Langsam wandern wir Stufe um Stufe in unzähligen Kehren den ausgetretenen Weg hinauf. Natursteintreppenliebhaber kommen hier voll auf ihre Kosten. Gegen Mittag erreichen wir Namche Bazar, das legendäre Sherpadorf auf 3.500 Metern Höhe. Die für die Region typischen Steinhäuser haben Dächer und Fensterrahmen in Himmelblau und Grün und sind terrassenförmig angelegt wie in einem Amphitheater.

Blick auf Namche Bazar

Namche Bazar hat etwa 2.000 Einwohner und ist der Hauptort der Sherpas und der Khumbu-Region. Von Norden kamen traditionell Händler aus Tibet mit ihren Yaks über den unvorstellbar hohen Pass Nagpa La (5.716 m) zu den Markttagen in Namche. Zurzeit ist der Grenzübertritt verboten, was auf chinesischer Seite streng überwacht wird.

Für Bergtouristen ist Namche das Zugangstor zu den Eisriesen wie Cho Oyu, Everest und Ama Dablam. Hier bekommt man alles, was man beim Wandern und Bergsteigen braucht. Neben den Ausrüstungsläden reiht sich ein Souvenirshop an den anderen. Es gibt eine Apotheke, zwei Banken, ein Postamt, eine Zahnklinik, Bäckereien, Bars und Cafés. Durch die Gassen strömen den ganzen Tag Wanderer, die zu einem Ziel in den Bergen aufbrechen oder von dort zurückkommen.

Für die kommenden beiden Nächte sind wir im Hotel Namche untergebracht, das im Herzen des Dorfs liegt. Eine gute Wahl, denn das Haus hat eine lange Bergsteigertradition, die man spürt, sobald man das Hotel betritt. Vor allem in dem wunderschönen Speisesaal, der wie in den meisten Lodges, ganz in poliertem Pinienholz gehalten ist. An der Schmalseite des Saals zieht die Galerie der “Famous Climbers” den Blick auf sich. Gerahmte Fotos zeigen Bergsteigerlegenden wie Gerlinde Kaltenbrunner, Edurne Pasaban, Hans Kammerlander und David Lama, jeweils Arm in Arm mit der Hotelbesitzerin, die, zusammen mit ihrer Tochter, immer noch das Hotel führt und stets präsent ist. Die Fensterfront geht auf den Kongde Ri, einen eisbedeckten Sechstausender auf der Talseite gegenüber.

Abends ist der Speisesaal voll besetzt mit Trekkinggruppen und Guides, die auf dem Weg zu den Drei Pässen, nach Tengboche oder ins Everest Base Camp sind. Im Saal ist es schön warm. Die Wärme und die Vorfreude auf die bevorstehenden Abenteuer sorgen für gerötete Gesichter bei den Gästen. Guides messen die Sauerstoffsättigung ihrer Kunden und tragen die Werte in Listen ein. Auch Santosh misst ab Namche täglich die Sauerstoffsättigung von uns drei. Er hat einen Wert von 95, wir beide 87 und 85, was in Höhen über 3.000 Metern im Toleranzbereich liegt. Aus der Küche werden laufend Teller mit dampfenden Gerichten an die langen Tische gebracht. Das Essen ist, wie überall auf der Tour, sehr gut. Als Nachtisch bekomme ich ein Stück Schokoladenkuchen, auf dem in Sahnebuchstaben “Welcome to Hotel Namche” geschrieben ist. Was für eine liebenswerte Überraschung. Mal ganz abgesehen davon, dass der Kuchen extrem gut schmeckt.

3. Tag: Namche - Khumjung - Namche

7 km / 500 Hm / 500 Tm / 3 h

Nach dem Motto „Hoch gehen, tief schlafen“ machen wir heute eine Tageswanderung, um uns an die Höhe zu akklimatisieren. Ziel der Wanderung in das Dorf Khumjung, das 300 Meter höher als Namche auf knapp 3.800 Metern liegt.

Das Risiko einer Höhenkrankheit sollte man nicht unterschätzen, auch nicht in den “niedriger” gelegenen Regionen des Khumbu. Sie kann ab einer Höhe von 2.600 Metern auftreten. Auch die nicht lebensbedrohlichen, aber unangenehmen Symptome wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit und Apathie können einem den Traumtrip verleiden. Ignoriert man diese Zeichen und steigt weiter auf, riskiert man ernsthafte gesundheitliche Probleme wie ein Lungen- oder Hirnödem. Auch wenn man nur bis zum Kloster Tengboche (3.860 m) geht, sollte man mindestens einen Tag zur Akklimatisierung einplanen. Ich hatte ab Namche trotz des Akklimatisierungstags zunehmend Probleme mit der Höhe, was sich in Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall und Müdigkeit äußerte. Deshalb würde ich rückblickend einen zweiten Akklimatisierungstag in Monjo einplanen.

Treppensteigen in Namche

Heute ist wieder ein wolkenloser sonniger Tag. Durch die Gassen von Namche steigen wir über viele Treppen nach oben. Wir sind fast allein unterwegs, drehen Gebetsmühlen, machen Fotos und erreichen bald einen Wanderpfad, der sich weiter die Anhöhe nach oben schlängelt.

Je höher wir kommen, desto atemberaubender wird das Panorama. Im Osten strahlt die Morgensonne auf die Sechstausender Thamserku und Kusum Kanguru mit seinen drei Gipfeln. Im Süden zeigt sich der schneebedeckte Kongde Ri von seiner besonders schönen Seite. Links auf seiner langgezogenen, schneefreien Bergschulter ahnt man das Yeti Mountain Home, eine der höchstgelegenen Lodges der Welt, mit Hubschrauberlandeplatz für reiche eilige Touristen auf Achttausender-Fotosafari, die dort abgeladen und nach einer Kaffeepause und ein paar Fotos schnell wieder nach Kathmandu zurückgeflogen werden, bevor sich Symptome der Höhenkrankheit ausbilden können. Thomas und ich machen Fotos von diesem Panorama, Santosh nutzt derweil einen Felsen mit besserem Handyempfang als Freiluftbüro.

Bald erreichen wir den kleinen Ort Syangboche, der an einer der höchstgelegenen Start- und Landebahnen der Region liegt. Weil sie nur einen Schotterbelag hat, wird sie nur selten und fast nur von Lastenhubschraubern genutzt.

Kurz nach Syangboche erreichen wir den höchsten Punkt der heutigen Wanderung, die Passhöhe zwischen Namche und Khumjung auf 3.800 Metern. Gebetsfahnen knattern im Wind, vor uns ausgebreitet liegt das weite Tal des Dudh Koshi. Und da ist die Ama Dablam, fast 7.000 Meter hoch. Ich stehe erst mal nur da und versuche zu verarbeiten, was ich da mit eigenen Augen sehe. Der Berg ist überwältigend schön. Es wirkt fast so, als ob die Ama Dablam einladend ihre Arme ausbreitet. Danke für die Einladung, ich komme gern.

Links von der Ama Dablam, noch ziemlich weit entfernt und deshalb für unsere Augen niedriger, reihen sich die verschiedenen Gipfel von Lhotse und Nuptse aneinander, hinter dem Nuptse-Grat ist die Spitze des Everest zu erkennen, schon etwas näher der Taboche.

Wow! Ama Dablam, Lhotse, Nuptse, Everest (die Spitze hinter dem Nuptse-Grat) und Taboche (von rechts nach links)

Ja genau, Daumen hoch für diesen tollen Tagesausflug

Wir kommen ins Gespräch mit Wanderern aus Österreich, einem Vater mit seiner Tochter, die gemeinsam die Drei-Pässe-Tour gemacht haben, auf dem Rückweg sind und auf dem Pass noch einmal diese Aussicht genießen. Nach ausgiebigem Fotoshooting und gegenseitigen Gruppenaufnahmen machen wir uns an den kurzen Abstieg nach Khumjung, einem Sherpa-Dorf zu Füßen des Khumbila (5.761 m). Der Berg ist ein mächtiger Schutzgott der Sherpas und Namensgeber der Khumburegion. Es ist verboten, ihn zu besteigen. Ein schon länger zurückliegender Besteigungsversuch endete für alle Beteiligten tödlich in einer Lawine.

Khumjung zu Füßen des heiligen Bergs Khumbila

Khumjung liegt auf 3.780 Metern Höhe in einem Talkessel. Es ist ein Sherpadorf wie aus dem Bilderbuch. Um die zweistöckigen Steinhäuser mit grünen Dächern und Fensterläden sind kleine Äcker, Weideplätze und Gärten angelegt. In der Dorfmitte kommen wir an der Hillary-Schule vorbei, zu der auch ein Internat gehört, damit Schülerinnen und Schülern aus entlegenen Orten ein langer und vor allem im Winter gefährlicher Schulweg erspart bleibt. In Nepal sind wegen des Dashain-Festes gerade Schulferien, deshalb ist in der Schule nichts los.

Das buddhistische Samten Choling Kloster ist am Ortsrand leicht an seinem roten Dach zu erkennen. Nach Kloster Pangboche ist es das zweitälteste Kloster im Khumbu. Hier wird ein besonderer Schatz aufbewahrt, der einzige „echte“ Skalp des Yeti, der im Gebetssaal des Klosters in einer Vitrine ausgestellt ist. Der mit braunem Haar bedeckte, kopfgroße Kegel regt meine Fantasie allerdings nicht dazu an, mir den gefürchteten Schneemenschen aus den Sagen vorzustellen. Dafür begeistern mich Ausstattung und Dekoration des Gebetssaals umso mehr. Man darf hier sogar fotografieren. An einer Wand stapeln sich bis unter die Decke alte Schriften in schubladenartigen Regalen. An der Frontseite des Saals sitzt auf einem Podest Padmasambhava, der als Begründer des tibetischen Buddhismus gilt.

Vor dem Kloster werden gerade Yaks für ihre nächste Lastentour vorbereitet. Gleichmütig stehen sie in einer Reihe an einer Steinmauer. Sie passen perfekt vor die spektakuläre Bergkulisse.

Yaks in Warteposition

Von Santosh erfahren wir, dass Yaks bis zu 20 Jahre alt und jahrelang trainiert werden. Gut ausgebildet tragen sie dann schwere Lasten bis in große Höhen. Sie kennen ihre Routen genau und gehen keinen Meter weiter als unbedingt nötig.

Am Ortsrand von Khumjung essen wir in der Norling Lodge im großzügigen Garten Knoblauchsuppe und gebratene Nudeln mit Blick auf die Ama Dablam. Mehr muss man zu einem solchen Ambiente für ein Mittagessen wohl nicht sagen. Danach wandern wir gemächlich zurück nach Namche.

4. Tag: Namche Bazar - Tashinga

6,5 km / 230 Hm / 250 Tm / 3 h

Die Etappe nach Tashinga ist die kürzeste und die mit den wenigsten Höhenmetern. Von Namche aus wandern wir in östlicher Richtung entlang der Schlucht des Dudh Koshi. Tashinga liegt auf 3.860 Metern etwa auf gleicher Höhe wie Namche. Der vor uns liegende Wegabschnitt ist der breiteste und am besten gepflegte Abschnitt des Everest Trecks. Wir haben so ein Glück mit dem Wetter, wieder scheint den ganzen Tag die Sonne vom knallblauen Himmel. Ama Dablam und die Lhotse-Nuptse-Everest-Gruppe rücken immer näher.

Tashinga liegt etwas abseits des Everest Highways und ist über einen schmalen Waldweg zu erreichen. Schon von Weitem ist die Summit Lodge Tashinga, eingebettet in Felder, am Rand der Siedlung zu erkennen.

Blick auf Tashinga

Im Garten der Lodge blühen auch hier gelbe Tagetes. Zwei Mitarbeiterinnen haben für die Begrüßung extra traditionelle, mit Fell besetzte Mützen aufgesetzt.

Vor dem Abendessen nutze ich die blaue Stunde für einen kleinen Spaziergang. Die Sonne ist schon hinter den Bergen verschwunden, nur die eisbedeckten Spitzen der Ama Dablam, des Thamserku und des Kangeta sind noch in Sonnenlicht getaucht.

5. Tag: Tashinga - Pangboche

8 km / 800 Hm / 240 Tm / 5 h

Der Frühstückstisch ist reich gedeckt. Es gibt Eier, Pancakes, Toast, Käse und Marmelade. Leider habe ich keinen Appetit und bekomme nur ein Porridge hinunter.

Bevor wir aufbrechen, füllen wir noch unsere Wasservorräte aus den Trinkwassertanks im Speisesaal auf. Auch das Trinkgeld dürfen wir nicht vergessen. Dafür gibt es extra Holzkästen mit der Aufschrift “Tips Box”, die in allen Lodges ähnlich aussehen.

Auf zur Königsetappe

Heute steht die Königsetappe unserer Tour an. Von Tashinga geht es zum Kloster Tengboche und dann weiter nach Pangboche auf knapp 4.000 Metern Höhe.

Der Weg hinauf nach Tengboche ist wunderschön. Immer wieder drehen wir uns um und genießen den weiten Blick auf Khumjung, auf den schon weit entfernten Kongde Ri und auf unseren Dauerbegleiter Thamserku, neben dem nun auch der Kangtega mit seiner markanten Schneekuppe gut zu sehen ist. Der Weg ist breit und leicht zu gehen. Da wir abseits der Hauptroute in Tashinga losgegangen sind, haben wir einen Vorsprung vor den Trekkinggruppen aus Namche Bazar und treffen nicht viele Menschen.

Dafür begegnen wir nun häufiger Yak-Karawanen. Seit Namche wandern wir auf über 3.000 Metern Höhe, also dort, wo sich Yaks wohlfühlen. Yaks sind unaggressive Tiere, aber etwas unflexibel in der Wahl ihrer Marschroute, man sollte also selber beim Ausweichen flexibel und am besten auf der Bergseite sein.

Es gibt Yaks mit schwarzem, braunem, weißem oder geschecktem Fell. Wer einem Yak oder sogar einem Baby-Yak begegnet, wird sich ihrem Charme kaum entziehen können. Das erklärt auch die vielen kleinen Woll-Yaks und die T-Shirts mit dem Aufdruck “Yak Yak Yak Nepal”, die in den Souvenirläden im Khumbu und sogar in Kathmandu angeboten werden. Ich konnte auch nicht widerstehen.

Am späten Vormittag erreichen wir die Hügelkuppe, auf der Tengboche liegt. Hier, auf 3.860 Metern, gibt es immer noch Pinien- und Rhododendronwald, auch wenn die Vegetation spärlicher wird. Die Ama Dablam ist zum Greifen nah.

Tengboche ist ein spiritueller Ort, das spürt man sofort. Das Kloster wurde 1919 erbaut, 1934 zerstört und wieder aufgebaut. 1989 brannte das Kloster nieder, zum Glück konnten die meisten Bücher, Gemälde und Reliquien gerettet werden. Erneut wieder aufgebaut wurde das Kloster 1993, zurzeit wird an Erweiterungsbauten gearbeitet. Tengboche ist das wichtigste buddhistische Zentrum der Region. Die Mönche im Kloster gehören der Nyingma-Schule an, der ältesten Tradition des tibetischen Buddhismus. Sie tragen zu offiziellen Anlässen rote Mützen. In ein paar Tagen werden sich die Mönche und die Bewohner des Khumbu hier versammeln, um das Mani Rimdu Festival zu feiern, das bedeutendste buddhistische Fest des Jahres hier in der Region, an dem gebetet wird, und die Mönche in wilden Masken tanzen, um Dämonen zu vertreiben.

Während der Gebetszeiten ist das Kloster mehrmals am Tag kurzzeitig für Besucher geschlossen. Die Öffnungszeiten sind am Tor ausgehängt. In den Innenräumen des Klosters darf man nicht fotografieren.

Im Hotel Himalayan, wo wir mittags einkehren, werden Espresso, Cappuccino und sogar Espresso macchiato angeboten. Auf fast 4.000 Metern Höhe! Hinter dem Tresen an der Bar steht eine original italienische Siebträgerkaffeemaschine, die vor Jahren mit großen Mühen und Kosten nach Tengboche transportiert wurde, damit den Gästen der Lodge solche Kaffeespezialitäten angeboten werden können.

Shredeva Lodge in Pangboche

Von Tengboche sind es noch einmal 4 Kilometer bis nach Pangboche. Wir wandern ein Stück bergab nach Deboche und weiter nach Milinggo. Den Schlussanstieg nach Pangboche legen wir sehr langsam in Yak-Geschwindigkeit zurück. Das Gehen ist mühsam. Bin ich froh, als wir schließlich die Shredeva Lodge erreichen, die auch zu den Everest Summit Lodges gehört, wie das Eingangsschild verrät.

Pangboche liegt auf 3.985 Metern Höhe zu Füßen der Ama Dablam. Näher werde ich dem Berg leider nicht kommen.

Beim Abendessen im Speiseraum der Lodge beschließen wir, nicht bis zum Ama Dablam Base Camp zu gehen, das noch einmal 600 Meter höher liegt. Appetitlosigkeit, Übelkeit, Durchfall und Schwäche deuten bei mir auf eine Höhenkrankheit hin. Thomas hat eine starke Erkältung. Als Alternativprogramm für morgen schlägt Santosh eine Wanderung zu einem Aussichtspunkt bei Dingboche vor, mit Blick auf Makalu und Island Peak.

Rückweg nach Lukla (Tag 6 bis 9)

35 km (Tashinga - Monjo - Lukla) / 1.030 Hm / 2.100 Tm

Als ich morgens aufwache, fühle ich mich so, als ob jemand endgültig den Energiestöpsel herausgezogen hat. Thomas ist sehr erkältet und kann schon seit Tagen kaum schlafen. Um 7 Uhr treffen wir uns mit Santosh zum Frühstück. Wir beratschlagen, was wir machen sollen und entscheiden uns zurückzugehen. Gesundheit geht vor.

Abschied von Pangboche

Wir beschließen, heute hinunter bis Tashinga zu gehen, in der Hoffnung, dass es Thomas und mir in tieferen Lagen besser gehen wird. Wir haben Glück, dass unsere Gruppe so klein und flexibel in der Planung ist und dass in der Lodge in Tashinga Zimmer frei sind.

Schweren Herzens drehen wir der Ama Dablam den Rücken und machen aus auf den Weg zurück nach Süden.

Nachmittags kommen wir in der Summit Lodge in Tashinga an, was ein bisschen wie Heimkommen ist. Das Abendessen muss ich ausfallen lassen. Am nächsten Morgen verabschieden wir uns endgültig von den Mitarbeitern der Lodge in Tashinga, die wir bei unseren beiden Aufenthalten ins Herz geschlossen haben.

Mitarbeiter der Lodge in Tashinga, Santosh (3. v. l.) und unser Träger Rinji (2 v. r.)

In einer langen Etappe wandern wir an diesem Tag über Namche bis Monjo. In Jorsale, kurz vor Monjo, bekommen wir den Out-Stempel auf unser Permit.

In Monjo bleiben wir 2 Nächte. Unseren freien Tag in Monjo verschlafe ich fast vollständig. Thomas und Santosh machen einen Ausflug auf die Alm Thachok Danda oberhalb von Monjo.

Ang Rita Sherpa

Die Summit Lodge in Monjo hat mir besonders gut gefallen. Im Speisesaal und in den Gästezimmern hängen an den Wänden gerahmte Schwarz-Weiß-Fotos von Bergszenen und von berühmten Bergsteigern, darunter auch von Passang Lhamu Sherpa, der ersten Frau aus Nepal auf dem Everest, von Ang Rita Sherpa, der zwischen 1983 und 1996 den Everest als erster Mensch 10 Mal bestiegen hat, und natürlich von Tenzing Norgay und Edmund Hillary.

Wie in allen Lodges ist das Essen ausgezeichnet. Wir haben unterwegs Gerichte aus ganz unterschiedlichen Himalayaländern serviert bekommen, unter anderem Nepal, Bhutan, China und Indien. Köstlich und noch dazu eine Augenweide war das Dal Bhat, das uns an unserem Abschiedsabend in Monjo in Messingschälchen serviert wurde, auch wenn ich leider nicht viel davon essen konnte.

Abschied von der Summit Lodge in Monjo

Auf unserer letzten Trekkingetappe nach Lukla tauchen wir wieder in die subtropische Vegetation des unteren Khumbu ein. Auf dem Everest Highway ist wieder mehr los. Der abgebrochene Weg bei Benkar ist zum Glück schon in Stand gesetzt, wofür ich wirklich dankbar bin, obwohl ich mich schon besser fühle. Auch der Appetit kommt langsam zurück.

Am frühen Nachmittag unseres neunten Trekkingtages treffen wir in Lukla ein. Die Geschäfte sind geöffnet, in den Friseursalons brummen die Haarschneidemaschinen, wo sich Trekker und Bergsteiger ihre Haare und Bärte stutzen lassen. Auch der Schuster ist gefragt, der auf der Straße Bergstiefel repariert. Es passiert häufig, dass Touristen, die ihre jahrelang nicht getragenen Bergschuhe für ein Trekking einpacken, nach wenigen Schritten in Lukla feststellen, dass die Sohlen altersbedingt zu Bröseln zerfallen.

Alle paar Schritte stößt man auf schlafende Hunde. Die soll man ja bekanntlich nicht wecken. Das muss man in Lukla wie überall in Nepal auch nicht befürchten. Hunde in Nepal lassen sich durch nichts, schon gar nicht durch Touristen von einem Nickerchen abhalten.

Auf dem Flughafen in Lukla ist der Betrieb schon eingestellt, alle Passagiere aus Ramechap und Lukla wurden bereits an ihre Zielorte gebracht. Die Lodge in Lukla hatten wir ja schon an unserem ersten Tag beim Frühstück im Garten der Lodge kennengelernt. Wir bekommen ein sehr schönes Zimmer mit Blick auf den Garten.

Vor dem Abendessen verabschieden wir uns von unserem Träger Rinji. Zur Verabschiedung gehört, dass man eine kurze Dankesrede hält und das Trinkgeld in einem Umschlag überreicht.

Tipp: Wer mit dem Summit Club reist, sollte wissen, dass die in den Reiseunterlagen für den Himalaya angegebenen Richtwerte für Trinkgelder aus den 1990er Jahren stammen und nicht mehr aktuell sind. Man kann die Beträge mindestens verdoppeln.

Die letzte Nacht auf unserer Trekkingtour ist kurz, für den Rückflug nach Ramechap haben wir Tickets in einer der ersten Maschinen. Draußen ist es noch dunkel, als die Lodge-Mitarbeiter zum Abschied jedem von uns einen Gebetsschal für eine sichere Reise überreichen.

Nach einem letzten Foto gehen wir in der Morgendämmerung die wenigen Schritte hinüber zum Flughafen. Der Flug nach Ramechap dauert nur eine halbe Stunde. Dort werden wir von einem Kleinbus erwartet, der uns zurück nach Kathmandu bringt.

 

 

Ob ich traurig bin, dass wir nicht im Base Camp der Ama Dablam waren? Nein. Der Weg war das Ziel. Ich habe viel über Land und Leute im Khumbu erfahren und die Zeit des Wanderns mit Thomas und Santosh durch die grandiose Himalay-Bergwelt in vollen Zügen genossen. Ich habe gelernt, wo meine Grenzen sind, was rückblickend eine wichtige Erfahrung war.

Mein Dank geht an Thomas und an Santosh, unseren geschätzten Freund, exzellenten Bergwanderführer, digitalen Nomaden, wandelndes Himalaya-Lexikon und besten Botschafter Nepals! Dank auch dafür, dass Du mir viele Deiner tollen Fotos für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt hast.